Erkenntnisse aus biologischer und dendrochronologischer Studie
von Dr. Ágnes Ziegler
An den Balken der Dachstruktur der Schwarzen Kirche wurden 2013 bei wiederholten Kontrollen zahlreiche Beschädigungen entdeckt, so dass sich bald die Notwendigkeit einer Reparatur abzeichnete. Zunächst waren die Fragen zahlreicher als die Antworten und die Ehrfurcht vor dem mächtigen Dach größer als der Schaffensmut. Abgesehen davon, dass jeder Eingriff in ein so berühmtes Dach selbst Geschichte schreibt und vor den Nachkommen Stand halten muss, musste dieses Dach auch erst einmal entschlüsselt, verstanden werden. Wurde es nach der Brandzerstörung nur in Teilen oder vollständig wiedererrichtet? Wurde es damals schon in dieser Form gebaut, und seit wann stützt es sich auf die Vierpassgalerie des Kranzgesimses? Woher brachte man das Holz und wie bearbeitete man es? Und nicht zuletzt: Welche Beschädigungen sind zu beobachten? Sind diese tatsächlich akut gefährdend? Müssen alte Elemente ausgetauscht werden?
Es ist das Verdienst des Leiters der Verwaltung historischer Liegenschaften an der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt, Richard Sterner, dass er von Beginn an darauf beharrte, keine vorübergehende, improvisierte Lösungen anzugehen, seien die notwendigen Arbeiten auch so klein. Gezielte Fragen leiteten ihn zu Fachleuten und bald war eine interdisziplinäre Gruppe zusammengekommen, die die anstehenden Arbeiten begleiten und als Garantin für eine sachgemäße Durchführung gelten sollte. Zustande gekommen ist ein bedeutendes Instandsetzungsprojekt, dessen Dauer auf 8 Jahre geschätzt wird und dessen Investitionssumme in Höhe von etwa 800.000.- Euro aus Mitteln der Gemeinde bestritten werden muss. Der denkmalpflegende Architekt Edmund Olsefszky stellte seine umfangreiche fachliche Erfahrung in den Dienst des Projekts; das Architekturbüro unter der Leitung des Statikers Csaba Bodor erarbeitete das Aufmaß der Dachstruktur und lieferte die technischen Pläne für den Austausch einzelner Elemente. Eine entscheidende Rolle spielten auch die Zimmermänner, die Blecharbeiter und die Industriekletterer, aber auch der Steinrestaurator, der mehrfach für die Reparatur der an das Dach reichenden Steinelemente herangezogen wurde. Die Konservatorin der Gemeinde sammelte Informationen aus den historischen Quellen und wertete sie im Kontext der Konstruktionsgeschichte aus. Die Biologin identifizierte Art und Qualität der verwendeten Bäume, die Schädlinge und die Materialien, mit denen die Balken nachträglich behandelt wurden. Eine innovative Methode für die Bestimmung des Zeitpunktes, zu dem die Bäume für das Baumaterial gefällt wurden, ist die sogenannte Dendrochronologie. Dabei werden Bohrkerne aus dem Querschnitt der Balken genommen und die Jahresringe mit Beispielen aus einem umfangreichen Datenblatt verglichen, anhand dessen das Holz eingeordnet und der Zeitpunkt des Fällens bestimmt werden kann.
Die den Restaurierungsarbeiten vorangehenden Studien sind inzwischen auch als alleinstehende Aufsätze in wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen und bereichern durch ihre Erkenntnisse nicht nur das hiesige Bauprojekt, sondern auch die Fachwelt. Im Folgenden sollen die Ergebnisse beider Studien im Zusammenhang vorgestellt werden. Die biologische Studie wurde von der erfahrenen Diplombiologin Livia Bucșa durchgeführt und publiziert. Die Ergebnisse der historischen und der dendrochronologischen Studie wurden gemeinsam von István Botár, Boglárka Tóth und Ágnes Ziegler veröffentlicht.
Tatsächlich scheint das ehemalige gotische Dach der Kirche spätestens im großen Stadtbrand vom 21. April 1689 zerstört worden zu sein. Überlieferten Zeitzeugenberichten ist zu entnehmen, wie die Flammen damals das Dach umschlungen, bis es schließlich zusammenstürzte, das Gewölbe durchbrach und die Kirche ausbrannte. Zurück blieb ein vollkommen unbenutzbares, dem Schutz des Daches beraubtes Gebäude.
Die Kronstädter machten sich noch im selben Jahr auf die Suche nach einem Zimmermann, der die Fähigkeit besaß, ein so gewaltiges Dach zu bauen; es war kein leichtes Unterfangen. Man fand ihn in der Person des Michael Jung, einem Zimmermann aus Schäßburg. Er wurde zunächst vertraglich für die Errichtung des Dachstuhls über dem Chor der Kirche gebunden und kam in Kronstadt im Winter des 1689-1690 in Begleitung seiner Gesellen an. Unter der Anleitung des Zimmermanns wurden die ersten Bäume gefällt. Dabei machte man alles richtig: die Bäume wurden im Winter gefällt, im kargeren Umland Kronstadts, wo besonders dichte, standfeste Exemplare wuchsen. Zum größten Teil arbeitete man mit Eiche. Die besonders langen Bauelemente aber, wie zum Beispiel die die ganze Breite des Daches überspannenden Deckenbalken, waren aus hohen, geradwüchsigen Tannen gefertigt.
Bis 1691 errichteten die Schäßburger Zimmerleute das Dach über dem Chor, sodass dieser umgehend für den gottesdienstlichen Gebrauch in Anspruch genommen werden konnte. Der Chorraum wurde wie eine selbstständige kleine Kirche eingerichtet, mit Altar, Orgelpositiv, Ratsherrengestühl und Lesepult ausgestattet, und funktionierte zunächst vom Langhaus abgetrennt, wo die Arbeiten für die Errichtung des Dachs schließlich 1693 begannen. Meister Jung leitete auch diesmal die Bauarbeiten, die bereits 1694 als abgeschlossen galten.
All diese Erkenntnisse vermitteln uns die in den Archiven lagernden Schriftquellen. Erst die dendrochronologischen Untersuchungen konnten klären, dass der Turm wohl als allererster Baukörper gedeckt wurde, da das Holz für die Struktur aus vorrätigen, bereits 1688/1689 gefällten Bäumen stammte. Diese Abfolge der Bauarbeiten ist vollständig nachvollziehbar, da der Turm und die darin befindliche Glocke für die Stadt eine herausragende Rolle spielten.
Die dendrochronologischen Untersuchungen ergaben, dass der gesamte Dachstuhl in den Jahren nach dem großen Stadtbrand neu errichtet wurde. Er ist uns allerdings nicht in der damaligen Form überliefert. 1822, nachdem bei einer Kontrolle ernsthafte statische Probleme festgestellt wurden, baute man zahlreiche Querstreben ein; diesmal waren es ausschließlich Elemente aus Tannenholz. Zu dieser Gelegenheit erst und nicht schon im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Stadtbrand wurden die einst offenen Galerien über dem Kranzgesims der Kirche überdacht, wohl, um Instandhaltungsmaßnahmen zu mindern.
Auch dieses Projekt der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt hat bewiesen, welchen Erfolg es verspricht, wenn unterschiedliche Fachbereiche einander die Hand reichen, um die Geheimnisse dieses fantastischen Baus, der Schwarzen Kirche, zu entdecken, zu entschlüsseln und die Erkenntnisse dem Instandsetzungsprojekt als Arbeitsgrundlage und der breiten Öffentlichkeit als historischen Schatz darzubieten.
Die biologische und die historisch-dendrochronologische Studie sind publiziert in:
Livia Bucșa / Octavian Coroiu / Ruxandra Coroiu / Dragomir-Cosmin David: Complexitatea și utilitatea unei expertize de biologia construcțiilor. Studiu de caz – Șarpanta Bisericii Negre din Brașov, in: Transsylvania Nostra, 13 (2019), 52, S. 10-21, abrufbar unter: file:///C:/Users/user/Downloads/A19402.pdf
István Botár / Boglárka Tóth / Ágnes Ziegler: Cercetarea dendrocronologică a șarpantei și a structurilor de lemn la Biserica Neagră Brașov, in: Ars Transsilvaniae, 27–28 (2017–2018), S. 67-94.