Unsere Abteilung verwaltet den Immobilienbestand der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt. Unsere zentralen Aufgaben bestehen einerseits in der Instandsetzung und –haltung, andererseits in der Gewährleistung einer sachgemäßen Nutzung der zumeist denkmalgeschützten Bausubstanz.
Der Immobilienbestand wird unterschiedlich genutzt: Er deckt den Eigenbedarf der Gemeinde – Kirchen, Pfarrhäuser, Büros, Dienstwohnungen, Gästezimmer, Kindergarten u.a. – , umfasst Mietwohnungen, Büro- und Geschäftsräume und auch Immobilien, die von öffentlichen Institutionen genutzt werden: Schulen, Museen und Kindergärten.
Die Einnahmen aus der Bewirtschaftung der Immobilien werden für den Erhalt des Kulturerbes und für die Fortführung der Gemeindearbeit, vor allem der Verkündigungs-, der diakonischen, der Kultur- und Bildungsarbeit verwendet
Die Schwarze Kirche und ihr Hof als urbanistische Aufgabe
Unsere Vision
Architektur ist gemäß John Ruskin die Kunst, Bauten so zu gestalten, dass sie zur geistigen Vitalität des Menschen beitragen, ihn kräftigen und erfreuen.
Die baulichen Lösungen, die Architekten in der Vergangenheit als Antwort auf diese Herausforderung gefunden haben, können leichter im Stadtbild erkannt und aufgedeckt werden, wenn die interessierenden Gebäude auf Grundlage eines gemeinsamen Ideals, Frucht einer bestimmten historischen Epoche, entwickelt wurden, miteinander harmonieren und dieselbe Sprache eines einheitlichen Konzepts sprechen.
Die Wiederherstellung des baulichen Bestandes eines mittelalterlichen Stadtkerns und seine Integration in das urbanistische Gefüge nehmen hingegen insbesondere dann das Gepräge einer philosophischen Abhandlung an, wenn dieser Stadtkern über mehrere historische Epochen hinweg entstanden ist, sich darin die Bedürfnisse vieler Generationen niederschlagen und er von 800 überaus ereignisreichen Jahren geprägt ist.
Im Hinblick auf eine zeitgemäße Gestaltung des Hofes der Schwarzen Kirche etwa muss deshalb nicht allein die Frage des Bodenbelags beantwortet werden. Vielmehr muss die Zweckbestimmung und -mäßigkeit der einzelnen Gebäude neu abgewogen werden, ohne dass ihr spezifischer Charakter durch bauliche Eingriffe beeinträchtigt würde. Erst auf dieser Grundlage sind sie in das gemeinschaftliche städtische Leben einzubeziehen.
Die kohärente Instandsetzung von heterogenen Baudenkmälern, von mittelalterlicher Sakralarchitektur und neuzeitlichen Verwaltungs-, Bildungs-, Militär- oder Wohnungsbauten etwa, kann deshalb nicht weniger als komplex sein. Entsprechend nimmt die Instandsetzung der disparaten Einzelteile dieser Gesamtheit eine längere Zeitspanne in Anspruch.
Nachdrückliche Bemühungen um die Gestaltung des Hofes der Schwarzen Kirche haben im frühen 20. Jahrhundert ihren Anfang genommen. Wir hoffen, sie auch während der folgenden Jahrzehnte fortsetzen zu können. Zahlreiche Generationen trugen zur Herausbildung des architektonischen und kulturellen Mosaiks, auf das wir hier heute blicken, bei. Soweit Instandsetzungsprojekte erfolgreich umgesetzt werden, ist dies sowohl das Ergebnis einer guten Koordination der verschiedenen Akteure als auch das einer bewusst über die Zeiten hinweg gepflegten Verbindung zwischen den aufeinanderfolgenden Generationen.
Innerhalb der Gruppe der Baudenkmäler besitzen historische Sakralbauten ein besonderes Gewicht. Der genius loci verlieh ihnen spezifische Züge. Einige bauliche Elemente, die keinerlei technische Funktion besitzen, sind wertvoll, weil sie Zeugnis vom christlichen Leben vergangener Zeiten ablegen und der bemerkenswerten Frömmigkeit früherer Geschlechter Ausdruck verleihen. Aus diesem Grund müssen aber urbanistische Konzepte, die die Schwarze Kirche oder das Standbild des Humanisten und Reformators Johannes Honterus berühren, auch die Gebeine im Erdreich des gewesenen Gemeindefriedhofs in ihre Überlegungen einbeziehen.
Die zukünftige Atmosphäre des Hofs ist nicht nur mit Blick auf die gegenwärtige Funktion des Hofs, sondern auch mit Rücksicht auf die genannten historischen Komponenten zu gestalten. Axiomatisch für die weitere Gestaltung bleiben deshalb zwei Qualitäten: Ruhe und Kontemplation, die einen willkommenen Gegenpol zu der von sprudelndem bürgerlichem Leben geprägten Atmosphäre des angrenzenden Marktplatzes bieten.
Den Kirchhof säumen Gebäude von herausragender historischer Bedeutung. Die bedeutendste Schulanstalt mit deutscher Unterrichtssprache in Kronstadt ist das Honterus- Nationalkolleg. Seinen Wurzeln reichen über die Zwischenstufe des humanistischen Gymnasiums bis in das Spämittelalter (1399) zurück. Seit dem 19. Jahrhundert dient ein bürgerlicher Repräsentationsbau des 19. Jahrhunderts als Schulgebäude. Die Bezeichnung „lateinisches Viertel“, die besonders im rumänischsprachigen Schrifttum für die Gegend um die Schule verwendet wird, bezieht sich auf das einstige humanistisch-altphilologische Profil der Lehranstalt und verdankt sich dem Geist der Neorenaissance.
Der städtische Raum um die Schwarze Kirche wird dadurch mit zusätzlicher historischer Bedeutung aufgeladen, dass die Räumlichkeiten, in denen Johannes Honterus die erste Druckerpresse Kronstadts betrieb und der Diakon Coresi als Lehrling wirkte, in einem Anrainergebäude identifiziert und wiederhergestellt wurden.
Die beeindruckende Entwicklung von der mittelalterlichen Lateinschule zum evangelischen Gymnasium und von dort zu einer Staatsschule mit deutscher Unterrichtssprache, dem „Johannes-Honterus“-Nationalkolleg, muss dazu veranlassen, auch der Architektur historischer Bildungsanstalten im Kontext des 21. Jahrhunderts auf angemessene Weise Rechnung zu tragen.
Es liegt auf der Hand, dass historische Schulbauten dem geltenden gesetzlichen Normenkatalog für die Errichtung von Schulbauten lediglich in Ausnahmefällen entsprechen, und dass die modernen Bauvorschriften eine ernsthafte Herausforderung für jede zukünftige Investition in die Erhaltung von Bauten dieser Kategorie darstellen.
Signifikante Herausforderungen bestehen auch im Anschluss des Hofes an touristische Trassen, seiner Einbindung in die Geschäftsabläufe der Büros der Innenstadt und in das kulturelle Leben der Stadt und der Gemeinde.
Die Wohnungsarchitektur soll dabei ihre ursprüngliche Zweckbestimmung behalten und angemessen instandgesetzt werden. Es ist uns bewusst, dass die Umnutzung von Wohnraum in historischen Stadtzentren zu touristischen Zwecken in aller Welt eine wesentliche Herausforderung für Behörden und Gesellschaft darstellt. Deshalb befürworten wir die Erhaltung von Wohnraum.
Dem besonderen Bedarf, den Familien an öffentlichen und privaten Dienstleistungen haben, kann zurzeit Rechnung getragen werden. Von ärztlichen Praxen und Kleinunternehmern, z. B. Handwerkern (Schuhmacher, Bäcker, Goldschmiede, Schneider, Buchhändler usw.), die ihre Dienste rund um die Schwarze Kirche anbieten, bis hin zu Wochenmärkten, die Lebensmittel und Erzeugnisse aus heimischer Produktion anbieten, besteht eine Vielzahl möglicher Entwicklungsmöglichkeiten, die wir analysieren und nach Maßgabe mit unserem Konzept INSPIRATIO abstimmen werden. Die ortstypische Landschaft mit ihren verschiedenen Vegetationsformen wird mittels zeitgemäßer platzgestalterischer Elemente in den Ausbau des Hofes einfließen.
Sämtliche Eingriffe an dem Denkmalensemble des Hofes der Schwarzen Kirche sind unter Respektierung internationaler Abkommen wie der Charta von Venedig und der Europäischen Kulturerbestrategie für das 21. Jahrhundert vorzunehmen. Diese Abkommen verpflichten die Denkmalpflege etwa auf Reversibilität, auf die Achtung von Originalität und Authentizität – Prinzipien, die bereits im Zuge der laufenden Erhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen rund um den Kirchhof zur Anwendung kommen. Gleichzeitig müssen alle Änderungen, die die Baudenkmäler im Laufe der Zeit erfahren haben, als wichtige Etappen der Stadtgeschichte verstanden und gewürdigt werden (Charta zum vernakulären Bauerbe, 1999).
Der Hof der Schwarzen Kirche – die mittelfristige Planung
Im Jahr 2011 schrieb der Verein „Rettet das historische Stadtzentrum Kronstadts“ („Salvaţi Centrul istoric al Braşovului“ einen Architekturwettbewerb zur Neugestaltung des Johannes Honterus-Hofs aus. Die Jury entschied sich für das Projekt der Architekten Johannes Bertleff und Andrei Şerbescu.
Obschon die vorgeschriebenen archäologischen Ausgrabungen auf dem Gelände des Hofs bereits in den Jahren 2012 und 2013 stattgefunden hatten, hatten die wiederholten Bemühungen des Vereins um Anwerbung von Fördermitteln, etwa jene um Finanzmittel aus dem EWR-Fonds, keinen Erfolg.
Der Kirchengemeinde gelang es in der Zwischenzeit, umfangreiche Instandsetzungsarbeiten an Anrainergebäuden des Hofs umzusetzen. An der Südostflanke der Schwarzen Kirche wurde die Notsicherung des A-Gebäudes der Honterusschule durchgeführt. An der Nordseite der Kirche konnte das Gebäude Rossmarkt Nr. 3 wiederhergestellt werden und ein Boutique Hotel aufnehmen. Gegenüber dem Westportal wurden das ehemalige Küsterhaus und das Gebäude, in dem sich das Auditorium und die Bibliothek des evangelischen Gymnasium befunden hatten, instandgesetzt.
Ein Abschluss der aktuellen baulichen Eingriffe an den Gebäuden rund um die Schwarze Kirche zeichnet sich für den Frühsommer 2021 ab. Der Innenhof von Rossmarkt 3 wird, nach der Erneuerung der darunter liegenden Heizanlage der Schwarzen Kirche und der Einrichtung von Sanitäranlagen für Besucher der Schwarzen Kirche, für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und mit dem Rossmarkt verbunden. Auch der Innenhof (Hinterhof) von Marktplatz 18 wird einen neuen Durchbruch erhalten und zum Kirchhof hin geöffnet. All diese Massnahmen zielen darauf ab, die Anrainergebäude in die urbanistische Landschaft des historischen Stadtkerns besser zu integrieren, um dadurch zum städtischen Leben positiv beizutragen.Im Anschluss wird im Hof provisorisch auch ein neuer Bodenbelag aus Schotter aufgebracht werden. Gleichzeitig werden Unebenheiten beseitigt.
Einige Begrünungselemente sind vorgesehen. Baumbestand, der im Laufe der Zeit vertrocknet war, wird ersetzt. Zusätzlich werden weitere verschattete Zonen und Ruhemöglichkeiten (Sitzbänke) geschaffen. Eine üppige Auswahl an blütentragenden Sträuchern und langlebigen sowie aromatischen Gewächsen, angepasst an Halbschatten und groben Untergrund, ist zu verpflanzen.
Im Frühling 2021 wird, dem Beleuchtungskonzept entsprechend, die Montage von 33 Leuchtkörpern abgeschlossen sein. Die Straßenlaternen werden an den Fassaden der umliegenden Gebäude angebracht. Das Muster für deren Gestaltung liefert das Exemplar einer historischen Gaslaterne des 19. Jahrhunderts, die in der Nähe der evangelischen Kirche A.B. auf dem Martinsberg entdeckt wurde.
Die zeitnahe Umsetzung eines so umfangreichen und kostspieligen Projekts wie die vollständige Neugestaltung des Hofes ist eine gemeinsame Aufgabe von Kirchengemeinde und Stadtverwaltung – nicht zuletzt auch deshalb, weil sich das Areal zwar in Privatbesitz befindet, aber vielfach öffentlich genutzt wird. Gemeinsam sind neue Wege der urbanistischen Einbindung und der Finanzierung anzudenken.
Auf diese Weise kann ein atmosphärischer Ort inmitten des Stadtgefüges geschaffen werden, der zur Steigerung der Lebensqualität aller Menschen, die hier zusammentreffen, auf entscheidende Weise beiträgt.
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