EIN RÜCKBLICK AUF DAS JAHR 2023
von Steffen Schlandt
Das sich neigende Jahr beschließt auch das Jubiläumsjahr des Bachchores der Schwarzen Kirche. Auch in diesem Jahr bot sich die Möglichkeit, das musikalische Leben der Gottesdienste und der Stadt zu bereichern. Das Jahr begann mit der Gestaltung des Ökumenischen Gottesdienstes. Ein Sonderkonzert mit dem Thema „Musik aus der Ukraine“ wurde am 4. Februar in der beheizbaren katholischen Kirche zusammen mit einem Männerquintett aus Odessa zugunsten der Flüchtlingshilfe gestaltet.
Zwei Aufführungen mit Johann Sebastian Bachs „Johannespassion“ in Kronstadt und Sankt Georgen waren ein Höhepunkt des Chorlebens in der Leidenszeit. Dieses Konzert wurde dann an drei Terminen in der deutschen Sendung der TVR ausgestrahlt. Zu Ostern wurde zusammen mit den Jugendlichen des Kinderchores gesungen – eine schöne Verbindung zwischen Generationen. Im Mai folgte ein doppelter Auftritt zur Einweihung der restaurierten evangelischen Kirche in Bistritz – für viele Sänger/-innen bedeutete dies das Kennenlernen einer unbekannten Gegend (inklusive der Besichtigung von Mönchsdorf).
Das erste Halbjahr ging mit einem stimmungsvollen Sommerkonzert in der Bartholomäer Kirche zu Ende – gleichzeitig das Eröffnungskonzert der „Musica Barcensis“-Konzertreihe des Burzenlandes.
In den Sommerferien sang der Kammerchor des Bachchores (ehemals Jugendbachchor – nun „Bach Ensemble“) in Tartlau Werke der italienischen Barockzeit vor über 400 Zuhörern.
Der Herbst brachte Auftritte in den Gottesdiensten zu Erntedank und Reformation und nun bereitet sich der Bachchor auf das Weihnachtskonzert in der katholischen Kirche am 10. 12. 2023 vor. Einen Tag davor gibt es ein Konzert in der evangelischen Kirche in Bukarest – eine Einladung der deutschen Botschaft, um die Adventszeit festlich zu begehen.
Im Moment singen etwa 45 Sänger/-innen im Alter von 18-70 Jahren im Bachchor mit, es wird „bunt“ gesprochen (deutsch, rumänisch, ungarisch, englisch) und an den Noten und der deutschen Aussprache wird jeden Donnerstagabend gefeilt. Zur Zeit der Gründung, im Januar 1933, war der neue Chor ein Sammelbecken für Sänger aus anderen Chören, die sich unter Victor Bickerich der ernsteren Musik verschreiben wollten – hauptsächlich der evangelischen Kirchenmusik.
In kurzer Zeit schaffte der Bachchor sowohl den Zugang zu großen Werken von Bach (Matthäuspassion, Weihnachtsoratorium, Johannespassion) und Mozart (Requiem) als auch den zu einem breiteren Publikum durch die Mitschnitte des rumänischen Radios (Radio București), welches ab 1933 die Konzerte aus der Schwarzen Kirche übertrug. Die Deutschlandfahrt 1937 und weitere Höhepunkte im Leben der Stadt (1. Siebenbürgisches Bach-Fest 1935, Brucknerfest) sorgten dafür, dass der Chor oft im Land unterwegs war und unter anderem auch unter George Enescu im Athenäum in Bukarest sang.
Nach dem Krieg waren sowohl der Chor als auch der Leiter Viktor Bickerich, durch seine Inhaftierung im Lager, schwer angeschlagen, sodass die Fortführung der Erfolge der Anfangsjahre auf sich warten ließ – trotzdem war es ein Anliegen aller Beteiligten, die Chormusik in Kronstadt weiterhin zu pflegen. Der „Junge Chor“ war – ab 1946 – ein geglückter Versuch, die Musik aus den Reihen der Jugendlichen im Bachchor wieder aufsteigen zu lassen. Die Jahre im Kommunismus wurden zu einer Gratwanderung zwischen dem Möglichen, dem „Heimlich-Mitmachen“ (Druck und Verfolgung – Schwarze-Kirche-Prozess) und dem „Durchharren“. Unter dem neuen Leiter Eckart Schlandt gab es ab 1965 immer wieder Sternstunden wie die „h-moll-Messe“ im Jahr 1984 zum Abschluss der Innenrestaurierung der Schwarzen Kirche. Im musikalischen Leben der Gemeinde waren die großen Passionsmusiken und Requiems eine bemerkenswerte Konstanz. Mehrheitlich siebenbürgisch-sächsisch-evangelisch bis 1990 wurde der Bachchor nach der Wende zu einem ökumenisch-multiethnischen Chor, der die meist evangelische Kirchenmusik weiterhin pflegt und so zu ihrem Erhalt im Ostzipfel Europas beiträgt. Ein weiterer „Junger Chor“ wurde 1993 gegründet. Auslandsfahrten waren ab 1997 immer wieder möglich, offizielle Einladungen führten zu besonderen Anläßen nach Lissabon, Brüssel, Bukarest, Ulm und weiteren deutschen Städten.
Die Öffnung der Gemeinde, das interessante Miteinander, die Möglichkeiten, die sich durch die Schwarze Kirche und darüber hinaus bieten, sowie das Interesse am gemeinsamen Musizieren verleihen dem Bachchor auch 90 Jahre nach seiner Gründung genügend Ausstrahlung, sodass man auf weitere schöne Jahre hoffen darf.
Lesen Sie diesen Beitrag auch in der Adventsausgabe unseres Gemeindebriefs.