Ehrung des einstigen Historikers und Archivars an der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt
Das Presbyterium der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt hat beschlossen, dass in den Räumlichkeiten des Gemeindearchivs ein Leseraum für Nutzer eingerichtet wird und dass dieser den Namen des 2018 verstorbenen Historikers und Archivars Gernot Nussbächer tragen soll.
In dem Leseraum stehen den Nutzern ab sofort zwei angemessen belichtete Plätze und die Findmittel des Archivs, darunter der Zettelkatalog und ein Computer, über den der Online-Katalog und die digitale Sammlung des Archivs eingesehen werden können, zur Verfügung. Auf den Bücherregalen des Raums stehen die wichtigsten Nachschlagewerke und die Neuzugänge des Archivs griffbereit. Die Schriften Gernot Nussbächers sind ebenfalls hier aufgestellt. An der Fotostation lassen sich Reproduktionen in hoher Qualität herstellen. Der Leseraum ist in eben der Räumlichkeit eingerichtet worden, in der Gernot Nussbächer zuletzt seinen Arbeitsplatz bezogen hatte.
Gernot Nussbächer war Absolvent des Johannes-Honterus-Lyzeums und studierte von 1956 bis 1961 Geschichte in Klausenburg. Nach Abschluss des Studiums zunächst am Staatsarchiv in Klausenburg tätig, wechselte er 1962 an das Staatsarchiv Kronstadt. Da sein Bruder die Ausreise in den Westen beantragt hatte, war er gezwungen, von 1986 bis 1989 eine Anstellung an der Kronstädter Kreisbibliothek und von 1989 bis 1990 am Kronstädter Bezirkskonsistorium anzunehmen. Von 1990 bis 1999 war er wieder am Staatsarchiv in Kronstadt angestellt, führte seine Tätigkeit dort aber auch nach seiner Pensionierung bis 2003 fort. Zwischen 2004 und 2008 wirkte er an der „Casa Mureșenilor” in Kronstadt und zwischen 2006 und 2016 am historischen Archiv der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt.
Über Jahrzehnte hinweg setzte er sich mit den Fonds dieses Archivs auseinander und erschloss, etwa in der Publikationsreihe „Aus Urkunden und Chroniken“, eine bemerkenswerte Anzahl historischer Quellen für eine breite Leserschaft. Nachdem Dr. Oskar Netoliczka und Dr. Karl Kurt Klein der Honterus-Forschung bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts entscheidende Impulse verliehen hatten, blieb der Kronstädter Humanismus, insbesondere das Wirken von Johannes Honterus, vor allem aufgrund der Bemühungen von Gernot Nussbächer auch während der kommunistischen Diktatur im öffentlichen Bewusstsein. Für seine Tätigkeit erhielt er zahlreiche in- und ausländische Auszeichnungen. Dank seiner breiten Kenntnis der Ortsgeschichte, seiner Sprachkenntnisse, insbesondere jener des Ungarischen und Lateinischen, und seiner warmherzigen Hilfsbereitschaft wird Gernot Nussbächer in fachlichen Kreisen in bleibender Weise besondere Anerkennung zuteil. Der schriftliche Nachlass von Gernot Nussbächer und seine umfangreiche Bibliothek haben aufgrund seiner persönlichen Verfügung 2019 Eingang in das Archiv der Gemeinde gefunden.
Zuständig für das bewegliche Kulturgut der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt, einschließlich des Archivs, ist Dr. Ágnes Ziegler. Sie studierte Kunstgeschichte und Geschichte an der Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg und wurde bei Prof. Dr. Ernő Marosi an der Eötvös Loránd-Universität mit einer Forschungsarbeit zur Bau- und Ausstattungsgeschichte der Schwarzen Kirche promoviert. Die Dissertation erschien 2018 in ungarischer Sprache und wurde mit drei renommierten akademischen Preisen ausgezeichnet: dem Zádor-Anna-Preis für herausragende Leistungen im Bereich der Architekturgeschichte, verliehen von der am Kunsthistorischen Seminar der ELTE-Universität in Budapest angesiedelten Zádor-Anna-Stiftung, dem Dr. Sólyom-Jenő-Preis der gleichnamigen Stiftung an der Evangelisch-Lutherischen Theologischen Universität Budapest und dem Opus-Mirabile-Preis der Kunsthistorischen Sektion der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Ende 2022 wird die Dissertation in deutscher Übersetzung bei dem angesehenen Verlag Schnell und Steiner in Regensburg veröffentlicht. Ihre Publikationen konzentrieren sich auf den Denkmalbestand der Schwarzen Kirche, insbesondere auf die Baugeschichte und die Sammlungen der liturgischen Gewänder und osmanischen Teppiche. 2009 leitete sie im Auftrag der Kronstädter Kirchengemeinde das Projekt der Zustandserfassung der etwa 360 osmanischen Teppiche innerhalb der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, und 2021-22 erstellte sie gemeinsam mit Dr. Frank-Thomas Ziegler im Auftrag der Stiftung Kirchenburgen eine Methodologie für die Inventarisation der beweglichen Kulturgüter in der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien.
Interessierte, die Einsicht in Bestände des historischen Archivs der Evangelischen Kirche A.B. Kronstadt nehmen möchten, sind gebeten, unter Nennung des Anliegens vorab einen Termin zu vereinbaren. Anfragen sind zu richten an: archiv@schwarze-kirche.ro.